Montag, 25. März 2013

Venedig. Eine Verführung - Hanns-Josef Ortheil

Vor einigen Tagen spazierte ich durch die Buchhandlungen der Wiener Innenstadt, auf der Suche nach Reiseinformationen, abseits der üblichen Reiseführer, über Malta. Nun, über Malta habe ich nichts passendes gefunden, dafür fiel mir das schmale Büchlein "Venedig. Eine Verführung" von Hanns-Josef Ortheil, in einer Neuauflage aus dem Jahr 2012 in die Hände. Nach kurzem Durchblättern befand es sich auch schon in meiner Tasche. Selbstverständlich habe ich es davor bezahlt.

Seit vierzig Jahren lässt sich der Autor immer wieder aufs Neue von dieser Stadt verführen. Und er versteht es meisterhaft, den Leser an seiner Leidenschaft und Liebe für Venedig teilhaben zu lassen. Dieses Buch ist kein Reiseführer im herkömmlichen Sinn. Viele Erklärungen zu Kunst, Kultur und Geschichte sind auch in jedem anderen Reiseführer nachzulesen. Was dieses Buch jedoch zu einem Besonderen macht, ist der poetische, sinnliche, mit viel Hintergrundwissen und persönlichen Geschichten angereicherte Blickwinkel auf eine Stadt über die schon so viel geschrieben wurde. Immer wieder zeigt der Autor, welches Vergnügen es bereiten kann, Venedig mit allen Sinnen wahrzunehmen.

Das Buch beginnt mit dem Anflug auf die Stadt, der Vorfreude auf das Kommende und endet spät Nachts mit einem Rundgang durch die einsamen und ruhigen Straßen. Die dazwischen liegenden Stunden begleitet der Autor den Leser bei einem Spaziergang, nimmt ihn an der Hand und zeigt ihm die versteckten Schönheiten der Stadt.

Über schmale, verschlungene Gassen führt der Spaziergang von Campo zu Campo. Immer wieder gibt er Hinweise zu den vielen Kirchen, erzählt über Sakralkunst und darüber, dass Venedig seit jeher in Kirchenbezirke aufgeteilt war. Daher die vielen Kirchen. Er zeigt die kleinen, versteckten Bars in denen es die köstlichsten Cichetti gibt und in denen es lohnt, ein winziges Glas Wein zu trinken. Weiter geht es zum Fischmarkt, auf dem wir den salzigen Geruch der frischen Fische und deren Vielfalt genießen.

Der Autor und Genießer Ortheil verrät uns auch seine Lieblingslokale und deren Adressen. Einige Rezepte wie Risotto al radiccio rosso, Ossobuco alla Cipriani und zum Abschluss Sorbetto di fragole, verführen zum Nachkochen und erhöhen die Vorfreude auf den nächsten Italienbesuch.

Wir erfahren, dass Venedig im 16. Jahrhundert die Stadt des Buchdrucks war und damals in einem Jahr mehr Bücher hergestellt wurden, als in allen anderen italienischen Städten zusammen. Interessant und unterhaltsam erzählt er über venezianische Künstler, Wissenschaftler und Dichter. Er zeigt uns das Denkmal des größten Theaterdichters Venedigs, Goldoni, das für ihn zu den schönsten der Stadt zählt. Anschaulich beschreibt er die Palazzi, deren Ausstattung und Kunstschätze und das Leben in dieser Stadt vor vielen Jahrhunderten. Casanova lebte in dieser spektakulären Zeit, in der manch adelige, verheiratete Dame ihren Cicisbeo hatte. Das waren junge, männliche, charmante Begleiter, die schon am frühen Morgen ihre Aufwartung machten und den Damen nicht nur beim Ankleiden zur Hand gingen. Deren Ehemänner gingen während dessen ihrer Arbeit nach. 

Bei einem Besuch in Harry's Bar gibt es dann noch einige Geschichten über Hemingway und natürlich darf auch das Rezept für den berühmten Bellini nicht fehlen.

Das, mit etlichen Farbfotos illustrierte Buch, war die perfekte Lektüre für einen kalten, winterlichen Sonntagnachmittag. Eine Liebeserklärung an Venedig, seine Geschichte und seine Bewohner. Der Autor hat die Atmosphäre dieser Stadt, ihre Gerüche, ihren Klang so wunderbar stimmig eingefangen, dass ich es kaum erwarten kann, seinen Spuren zu folgen.







2 Kommentare:

  1. Warum sitze ich noch im kalten Wien, anstatt Venedig zum x-ten Mal zu sehen, kulturell und kulinarisch zu schwelgen? Diese Beschreibung treibt einen ja direkt in das nächste Reisebüro.

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    1. Hallo globe 26
      es freut mich, dass dich meine Beschreibung dazu inspiriert, Venedig auf neuen Spuren zu erkunden.
      LG
      buchmanie

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